Der chinesische Mensch von 1959
aus der Sicht eines Europäers in 2013



Es könnte sein, dass in meiner Reisebeschreibung die Lebensweise, die Lebensart und das Wesen des chinesischen Menschen und die chinesische Sprache und Ausdrucksweise, zu kurz gekommen ist.
Das Ying-Yang-Zeichen ist ein Symbol dafür, welches das Leben und die Lebensart der Chinesen am deutlichsten widerspiegelt.



Ying und Yang

Das Symbol, ein Zeichen der absoluten Vollkommenheit.

Das Prinzip des dualen Systems: die Einheit in der Zweiheit – oder die Zweiheit in der Einheit. Geburt und Tod zugleich.
Ein Zeichen für Leben, Liebe, Gemeinsamkeit und die Ausgeglichenheit des Wesens.
Aber auch für Natur, aufsteigende Sonne.

Eine Einheit die der Europäer so nicht kennt.

Diesem Zeichen, das im 16. – 11. Jhdt. v. Chr. entstanden ist, sind derartig viele Bedeutungen zugeordnet worden, die wir nur mit Ehrfurcht betrachten und verinnerlichen können. Die Deutungen besitzen alle ihre Berechtigung, sind von Natur aus gegeben und lassen auf eine frühe Menschheitsentwicklung schließen, die mit einer hohen ethischen Wertevorstellung verbunden ist.
Erstaunlich dabei zu wissen ist, dass diese Traditionen zum alltäglichen Gebrauch geworden sind und von jung und alt angenommen, gelebt und ausgeführt werden.

Abgesehen davon, dass die Chinesen nach außen gesehen einen verschlossenen
Eindruck auf uns Europäer machen, sind sie doch für alles und jedes sehr aufgeschlossen. Nicht nur die Wissbegier und Neugier stehen dabei im Vordergrund, sondern die durch die Jahrhunderte, oder Jahrtausend nachwirkende Unterdrückung lässt sie heute aufgeschlossener erscheinen. Hinzu kommt, dass sie sprunghaft durch den Kommunismus in eine Situation geraten sind, die sicher für viele überraschend und unvorhergesehen war und die über sie hereingebrochen ist.

Traditionen werden gebrochen, Sitten verändern sich, andere Charaktereigenschaften entstehen. Somit verändert sich ein Volk und entwickelt sich in eine neue Welt, die nunmehr leider durch die westlichen Einflüsse und durch die Globalisierung einen wesentlichen Einfluss auf die Chinesen ausübt.

1959 spürten wir bereits deutlich eine Veränderung gegenüber der untergegangenen Kaiserzeit, allerdings nicht vergleichbar mit der heutigen Entwicklung im Jahre 2013.

Zu dieser Einstellung im Leben gehören die den Geist und Körper energiespendenden Formen bestimmter Sportarten (besser gesagt Übungen) wie Wushu, Taijiquan, Qigong. Diese z.T. rhythmisch ausgeführten Übungen dienen der Körperbeherrschung, der Konzentration und des seelischen Gleichgewichtes.
Der Höhepunkt dieser Lehren gipfelt im Zen-Buddhismus, der häufig mit dem Begriff von Religion vermischt wird. Es sind alles Weisheitslehren, die dem Menschen Richtlinien nahelegen, die er in sich tragen sollte.

Nunmehr gewinnen alte, seit ewiger Zeit ursprünglichen Traditionen die Oberhand. Dazu muss man wissen, dass der Buddhismus, der Konfuzianismus und der Taoismus keine Religionen sind wie die Welt sie kennt, sondern Weisheitslehren darstellen, die den Menschen nicht nur einen inneren Halt geben, sondern zum direkten Lebensinhalt werden.

Der letzte, große indische Philosoph Shri Ramana Marhashi (1879 - 1950), der die Quintessenz des Buddhismus zum Ausdruck bringt, hält in seinem Buch "Der Weg zum Selbst" fest, wie dieser zu finden ist: Die Suche nach dem "Ich-Ich"!



Shri Ramana Maharhsi

In seinen Texten spiegeln sich die Weisheitslehren des Buddhismus wieder, die in China seit Jahrtausenden festen Fuß gefasst haben.


Chinesische Sprachen

Der asiatische Raum ist in seiner Gesamtheit im Prinzip ein einheitliches Völkergemisch!
Trotzdem hat jede kleine Volksgruppe seine eigene Sprache. Diese verschiedenen Sprachen sind nicht wie in Europa Dialekte, sondern eigenständige Sprachen und finden sich möglicherweise auch in eigenständigen Schriftzeichen wieder. Das beste Beispiel für die verschiedenen Volksgruppen sind die Tibeter.
Sie leben in einer abgeschlossenen, fast homogenen Gesellschaft, die trotzdem auf die Außenwelt eine unwahrscheinliche Ausstrahlung ausübt. Dass hier die Gefahr von unterschiedlichen möglichen Impotenzen entstehen, kann man nicht ausschließen.
Von Robert Musil stammt der berühmte Ausspruch:
"Die Sprache ist das größte Missverständnis der Menschheit."

Das müsste oder dürfte für die Chinesen nicht zutreffen. Wenn sie sprachlich etwas zum Ausdruck bringen wollen, haben sie eine sehr poetische, geradezu lyrische Formulierungsart. Die Umschreibung von Vorgängen, oder Begriffen ist verbunden mit einer Art von Gedankenspielen die oft mehrere Deutungen zulässt.
Durch ihre vokalreiche und nasale Sprache wirkt sie sehr klangvoll und harmonisch. Die gesamte Satzstellung wirkt dadurch ebenmäßig, ideal und vermittelt immer eine positive Ansprache.

Würde man das mit der europäischen, antiken Mythologie vergleichen, dann bedeutet das, dass sie Dionysisch wirkt. Sie kennt nicht die Prometheische Härte wie sie in unserem Sprachgebrauch möglich ist.

Aus meiner Sicht macht das den Eindruck – weil es fast immer mit einem freundlichen Lächeln verbunden ist – als könnten sie nichts Böses tun.

Dass dies eine Selbsttäuschung ist, muss man mit einbeziehen. Einige auffällige Schriftzeichen, die einem – wenn man sich die Zeichen bewusst anschaut – immer wieder begegnen sind hier aufgezeichnet.


Chinesische Schriftzeichen

Familie
Freude
Kraft der Träume
Glück

Der sich abzeichnende Wandel der chinesischen Gesellschaft, davon bin ich überzeugt, wird sie in eine Demokratie führen. Allerdings wird dieser Prozess seine Zeit brauchen. Anzeichen dafür findet man bereits in allen Bereichen des täglichen Lebens. Die sich ständig verändernden Lebensgewohnheiten, nicht nur hervorgerufen durch den westlichen Einfluss, nein, eher durch ein Gemisch von Tradition und Moderne, sind Anzeichen dafür, dass Veränderungen stattfinden und möglich sind.

Eine Gesellschaft muss zu sich selber finden, nur dann kann der Wandel friedlich und kontinuierlich verlaufen.

Wie bei uns, in der ehemaligen DDR, vergleiche ich diesen Wandel einer Gesellschaft mit dem 2. Thermodynamischen Gesetz: Wenn in einem geschlossenen System keine Impulse von außen eindringen, dann entsteht Entropie. D.h., ein geschlossenes System bricht automatisch in sich zusammen.

Die Folge dessen ist, dass sich ein Selbstlauf der Geschichte entwickelt. Man kann nur hoffen, dass solche Prozesse einen natürlichen Verlauf nehmen und nicht in Gewalt enden.

So wie ich die Chinesen kennen lernte, sind sie ein geduldiges, genügsames und bescheidenes Volk gewesen, das nunmehr nach 60 Jahren - und durch die Globalisierung - dem westlichen Konsumrausch verfällt. Dies wird sich gleichermaßen auf die Politik auswirken und Veränderungen hervorrufen. Ich denke die Chinesen werden das mit Vernunft lösen.

Der Kommunismus ist verrufen und untergegangen durch die Dummheit einiger Machtbesessener, vor allem auch durch die politischen Laienfunktionäre, die am Ruder waren.

Der Kapitalismus in der jetzigen Form, der die Menschen schamlos ausbeutet, hat keine Zukunft. Er kann und wird niemals einer demokratischen, sozialen Gesellschaft gerecht werden und die Grundlage dafür bieten.

Vielleicht finden die Chinesen für die Menschheit einen Weg, welcher die Ideale der Französischen Revolution von 1789 Wirklichkeit werden lässt.