Nanking


Nanking – die eigentliche Hauptstadt Chinas

Ende Oktober, denke ich, legte unser Schiff in Nanking an.

Nanking, eine ebenso bedeutende Metropole wie Shanghai, oder die anderen Weltstädte Chinas.
Sie sollte nach dem Sturz des Kaisers die eigentliche Hauptstadt Chinas werden. Darauf komme ich noch zu sprechen.

Mich frappierten in jedem Hotel die Empfangshallen, die meist überdimensional ausgestaltet waren. So auch in Nanking.

Kleine Verkaufsstände, an den verschiedenen Seiten aufgestellt, boten alles an was wünschenswert war. Zeitungen, Zigaretten, vor allem aber Souvenirs die es in jeder Art und Form gab.
Man spürt regelrecht die Jahrtausend alte Kultur bei all diesen Objekten.

Neugierig schaute ich mich um und entdeckte einen Wandbehang mit einem Ibis-Motiv.

In Erinnerung an den sanft dahinschwebenden Ibis in den "Drei Schluchten" kaufte ich sofort diesen Wandbehang.
Für mich sollte dies zumindest ein Erlebnis wach halten, welches man sicherlich nicht ein zweites Mal hat.
  

Am anderen Morgen, zum ersten Frühstück bekamen wir (Oskar Sick und ich) etwas absurdes vorgesetzt, etwas das man im Leben niemals vergisst.
An das Hotel erinnere ich mich nicht mehr, aber an das erste Frühstück besonders.

Die Leitung saß immer gesondert an einem extra Tisch. Im Prinzip bin ich ein Gegner solcher Marotten, aber dem Gastgeber gegenüber muss man sich beugen!

Ich nahm die Frühstückskarte zur Hand und lese darauf eine Speise mit der Bezeichnung: "Aal in Öl". Zunächst ganz normal. Zu Sick sagte ich: "Oskar, heute gibt`s Aal zum Frühstück." Prima, meinte er. Sick und ich saßen zunächst allein am Tisch. Der Kellner welcher uns bediente, stellte einen Frühstücksteller mit Aal in Stücken geschnitten vor uns hin. Sick meinte noch: "Da können wir mal ordentlich zulangen." Aal ist immer etwas besonders und ich aß den sehr gern. Er schmeckte hervorragend, gut zubereitet, nicht zu fettig, bekömmlich.
Wir hatten den Teller leer gegessen, sofort stand ein neuer voller Teller vor uns. Wir bedachten nicht dass, wenn man in China einen Teller leer ist, es bedeutet: mir hat es so gut geschmeckt ich möchte noch mehr! Es ist das gleiche wie beim Trinken!
Den zweiten Teller mit Aal aßen wir dann höchstens bis zur Hälfte auf, sonst hätten sie uns noch einen dritten aufgetischt.

Zu Sick sagte ich: "Komisch, der Aal hat eine andere Form als bei uns". Wir verzehrten alles mit großem Appetit. Später am Tag sagte ich zu Djin: "Heute früh gab es 'Aal in Öl'. Der Aal hat bei euch eine ganz andere Form als bei uns. Bei uns sind die Aale mehr halbrund und die Gräten leicht schräg nach hinten gewachsen. Bei euch ist der Aal ganz flach und die Gräten (oder das Gerippe?) stehen seitlich quer von der Hauptgräte." Da grinste er über das ganze Gesicht und sagte: "Siegfried, dass war nicht Aal, sondern eine ganz besondere Delikatesse die es nur in Nanking gibt: das war 'Nanking-Schlange'."

Wenn man das gesagt bekommt und darüber nachdenkt was man früh gegessen hat, weiß man nicht mehr: hat es nun gut geschmeckt oder haben wir uns das nur eingebildet?
Egal! Es war köstlich und wir hatten es mit großem Appetit gegessen und genossen!
Zusätzlich meinte Djin noch, dass dies eine teure Speise sei, die sich der normale Chinese kaum leisten kann. Bei solchen Aussagen kommt jeder ins grübeln: Was bekommen wir von unseren Gastgebern geboten? Was widerfährt einem und wie großzügig werden wir behandelt? Außerdem sagte er noch, dass es diese Delikatesse nur in Nanking gibt, die Schlangen würden nur in dieser Gegend leben, sonst nirgendwo in China.
Alles schon absurd und verrückt! Schluss damit! Man lernt immer neues dazu!

Nach wie vor wunderten sich alle dass wir in dieser Stadt, die noch dazu eine berühmte Universität und ein Nationalmuseum besitzt, keine Konzerte gaben.
Wie ich bereits sagte: Der Instrumententransport mit dem gesamten Inventarium von Chongqing nach Shanghai zu transportieren, immerhin sind das über 3000 km, wie das die Chinesen organisiert und transportiert haben, dahinter sind wir nie gekommen.


Die "Sun Yat sen" - Gedenkhalle

Für die Chinesen ist die Dr.-Sun-Ya-sen-Gedenkhalle eine Stätte, die jeder Chinese einmal im Leben aufgesucht haben muss. Dazu muss ich einiges deutlicher ausführen. Wir selbst besuchten sie am zweiten oder dritten Tag unseres Zwischenaufenthaltes in Nanking. Vorweg gesagt, ein nicht nur imposantes, sondern vor allem historisches und ehrwürdiges Denkmal!



Sun Yat sen Gedenkhalle

Mein Wissen über Sun Yat sen bezieht sich auf das was ich in dem Mausoleum gesehen und gelesen hatte und auf das was Djin mir vermittelte, der immerhin ein großes Geschichtswissen besaß.

Dr. Sun Yat sen war der erste große, liberal gesinnte und demokratische Politiker Chinas und der erste Präsident eines freien, friedlichen und liberalen Staates. Seine Schriften beruhen auf den Gedankengängen Lenins mit den frühen Vorstellungen von Sozialismus und den sich westlich formierenden Demokratien. Nach dem Abdanken des letzten Kaisers übernahm er, wenn auch nur für kurze Zeit die Geschicke Chinas, die danach von der Kuomintang zerschlagen wurde und den heutigen Kommunismus vorbereitete und organisierte.
(Der letzte Kaiser übrigens wurde in einer Fabrik, die eher einem ideologischen Erziehungslager glich, zum "Arbeiter" umerzogen!)

Diese fortschrittliche Entwicklung die Sun Yat sen versuchte gesellschaftspolitisch umzusetzen, wurde nicht zuletzt durch den Machthaber Tschiang Kai shek zerstört. Er versetzte dieser Entwicklung den Todesstoß. Danach entstanden Machtkämpfe, Bürgerkriege bis hin zu dem Entstehen des heutigen Chinas, wozu der 1934 beginnende "lange Marsch" vom Süden nach dem Norden beitrug.

Mao tse tung, Tschou en lai und andere namhafte Politiker führten die
"Rote Armee" an im Kampf gegen Tschiang Kai shek und die Japaner.
1949 entstand dann die Volksrepublik China.

Am Monument Sun Yat sens stiegen wir die unzähligen Treppen (ich glaube über dreihundert) mühsam empor, traten in eine Gedenkstätte ein, die eine ausgesprochen historische Wirkung ausstrahlte. Auf einem Sockel sitzend der große Politiker. Im Raum selbst Bild-, Schrift- und andere anschauliche Dokumente, die dem Beschauer ein großartiges Bild von einem Mann vermitteln, der quasi vom "Kuli" zum Staatsführer aufgestiegen war.

Von dieser Höhe aus konnte man außerdem einen wundervollen Ausblick in das Umland genießen. Man versteht, dass dieses Monument jeden Chinesen begeistert und sie diesen großen Mann verehren.


Weltbürgertum

An dieser Stelle muss ich von meiner Reiseschilderung ausnahmsweise abschweifen.
Steht man am Fuß des Monumentes, schaut nach oben, steigt die gewaltige Treppe empor, tritt in die Halle, sieht Sun Yat sen sitzen und nimmt die Dokumentation in sich auf, dann kommen Gefühle und Gedanken auf wie Zeit- und Weltgeschichte sich hier zentriert darstellt und offenbart.
Dabei kommen Fragen auf, welche evolutionären und revolutionären Entwicklungen die Welt genommen hat.

Ein Mensch sitzt auf einem Sockel, weit gereist und weltgebildet, der ein Volk in eine friedliche, freiheitliche, liberale Gesellschaft führen wollte. Ein Volk, das Jahrtausend alte Kaiser-Dynastien die als alltägliches Vergnügen nur das "Köpfen" kannten und für die es nur "Untertanen" und "Kulis" gab, vom Thron stürzte. Ein Mensch, der sich selber als "Kuli" bezeichnete, obwohl er eine Bildung von Weltformat besaß.

Da entstehen Gedanken im Kopf: Was ist Zeitgeschichte, was Entwicklung und was war alles in Jahrtausenden und den vergangenen Jahrhunderten passiert?


Evolutionär – Revolutionär?

1789! Französische Revolution.
1848! Deutsche Revolution (Bakunin, der erste Anarchist Russlands
          kämpft mit Richard Wagner in Dresden auf den Barrikaden).
1905! Der Petersburger Blutsonntag.
1917! Die Matrosen der "Aurora" (bezeichnender Name)
          stürmen das Petersburger Zarenschloss,
          verjagen den Zaren und sein Gefolge und verbannen ihn nach Sibirien.
Eine weitere Station in der Revolutionsgeschichte: Der Sturz des deutschen Kaiserreiches 1918, nach dem ersten Weltkrieg.

Alles setzt sich kontinuierlich fort.

In Europa entwickelte sich um 1900 eine Kultur-"Hoch"-Zeit, ein geistiger, geradezu weltgeschichtlicher Höhepunkt der nie wieder erreicht wurde und erreicht werden kann.
Aus allen diesen unterschiedlichsten Entwicklungen heraus entstehen dann ausgerechnet (oder folgerichtig?) Weltdiktaturen. Völkermörder herrschen! Verrückt zu nennende Psychopaten, Egozentriker, Machtbesessene, die nur das Vernichten im Kopf hatten: Stalin. Hitler, Mussolini, Franco, Batista, Fidel Castro, Mao - wen soll man noch nennen?
Alle herrschten sie mit Methoden, die mörderischer und verbrecherischer nicht sein können, nur um Macht zu bekommen und Macht zu erhalten.
Alle kannten, wie tausende Jahre zuvor, auch nur das "Köpfen" und "Hinrichten"!

Ganze Kulturen, Zivilisationen, geistig moderne Entwicklungen, zerstörten und vernichteten sie und raubten den Menschen die Freiheit, sperrten sie ein in zunehmende, marode Zwangssysteme!


Internationale Parallelen

Amerika , das von geflüchteten, verfolgten, ermüdeten und Neuland-Suchenden Europäern "erobert" wurde, zerstörten, mordeten und vernichteten wahllos Kulturvölker die in ihrer Freiheit und nach ihren Natur-Gesetzen lebten.
Heute regieren und bestimmen die "Eroberer" mit Colt und Cowboy-Gebaren, glauben die Freiheit gepachtet zu haben und maßen sich an "Weltpolizist" zu spielen, meinen außerdem, das alles wäre demokratisch.
Krieg führen gegen jedermann scheint oberstes Gebot zu sein.
Von Afrika mit seinen Usurpatoren und den sich selbst hinschlachtenden Völkern zu sprechen, ganz zu schweigen.

Die heutige arabische Welt mit der grünen Revolution, die in Tunesien begann, welchen Weg wird sie gehen?
Natürlich kannte 1959 keiner diese Entwicklungen, aber in solchen Momenten und angesichts eines derartig geschichtsträchtigen Denkmals (oder Mahnmals?) hinterfragt man sich schon, welchen Weg geht die Weltgeschichte?
Welchen beschreitet sie und in welcher Form?

Wo finden sich Menschen die wahrhaftig, offen und ehrlich, dazu gemeinnützig den Weg suchen, der für alle Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit bringt?

Beethovens "Neunte" müsste zur Welthymne erklärt werden
mit Schillers Text: "…Alle Menschen werden Brüder…."


Eine Revolution, die 1953 in der DDR begann,1956 in Ungarn und 1968 in Prag blutig zerschlagen wurde, danach in Polen mit der "Solidarnosz", 46 Jahre lang unterschwellig schmorte, brachte ein mörderisches Weltsystem - den gesamten Ostblock - 1989 zum Zusammenbruch. Wie ein Kartenhaus krachte alles zusammen.

Das alles zusammen weil Menschen 1989 (zweihundert Jahre nach der französischen Revolution) friedlich, mit einer Kerze in der Hand und ohne Gewalt, ihren Volkswillen zum Ausdruck brachten und Regierungen machtlos und ohnmächtig dastehen ließen. Menschen, die Mauern einrissen und Zäune zerschnitten und die Freiheit suchten und wollten.

Nunmehr stellt sich die Frage, fanden sie diese, oder?
Das heutige Europa vereinigt sich niemals, dafür ist es national zu eigensinnig, zu engstirnig, kleingeistig und kleinbürgerlich!

Wo finden sich Köpfe die Mut, Durchsetzungskraft und den Geist besitzen, um eine wahrhaftige Wende – in allen Bereichen - herbeizuführen?

Das Sun Yat sen Denkmal bleibt ein Weltdenkmal!
Es sollte zum Weltkulturerbe ernannt werden!

Ein über viertausend Jahre geknechtetes, ausgeraubtes und gemartertes Volk von dieser Knechtschaft zu befreien und mit einer Vorstellung von "Demokratia" in eine neue Zeit zu führen, verlangt nicht nur Respekt, Hochachtung, sondern verdient eine Würdigung, die dem entspricht was wir unter Humanismus verstehen.

Ich musste das 2012, Ende des Jahres, innerhalb meines Berichtes von der Konzertreise schreiben und aussprechen, weil ich als "Weltbürger", der ich mich bereits 1950 dazu bekannte und erklärte, zwei Diktaturen und Überwachungsstaaten und vier Ansätze zu Demokratien in West und Ost kennen lernte. Zum Gesagten denke ich, dass ich mir diese Beurteilung und diese Einschätzung mit meiner Lebenserkenntniss- und Erfahrung erlauben darf.


Sonderausflug in einen kaiserlichen Lust-Park

Uns allen schien es, wie bereits gesagt, als würden wir eine Vergnügungs-, eine Urlaubsreise machen. Wohnen in exklusiven Hotels, Besuch bedeutender Sehenswürdigkeiten, exquisite Speisenangebote, was will man mehr?
Von Nanking aus planten unsere chinesischen Freunde einen Ausflug in einen kaiserlichen Lustpark. Als wir ankamen sahen wir eine Menge Menschen. Wir wussten nicht weshalb sie da waren, ob unseres Besuches wegen oder aus irgendeinem anderen Anlass.



Kaiserlicher Lustpark

Auf diesen Park sind vor allem die chinesischen Kommunisten stolz, denn hier hielten sie Tschiang Kai shek ein oder zwei Jahre gefangen.
In diesem Quadratkilometer großen Park konnte er sich mit seiner Frau vollkommen frei bewegen. Sein eigenes Personal versorgte ihn, es war ihm alles gestattet, nur das Areal wurde Tag und Nacht rund herum bewacht damit er nicht fliehen konnte.

Nanking auch eine uralte Kaiserstadt. Deshalb in der Nähe dieser Park, der für die Herrscher zum Lustwandeln und zum Vergnügen geschaffen wurde. Kleine Pavillons, Teehäuschen, Kemenaten für Liebesvergnügen, kleine Teiche, Wandelgänge, Treppenpassagen.




Beim Anblick und bei dieser Atmosphäre glaubt man im Märchen von
"Tausend und einer Nacht" zu sein! Wir mussten uns alles anschauen, wurden durch den gesamten Park geführt und die Dolmetscher versuchten uns alles zu erklären.
Eine insgesamt unglaubliche, schöne Atmosphäre und eine besondere Stimmung!


Ein besonderer Leckerbissen!

Nach dem Rundgang wurden wir "zu Tisch" gebeten, es sollte etwas zum Essen geben?
Tische und Liegestühle standen bereit. Ein "Picknick" gereicht...





Das Bild mit den Kartons kaufte ich extra von einem Kollegen!

In den Kartons, die wie Pizzakartons aussahen, war eine Speise enthalten, eine Speise, die ich in meinem Leben nie wieder gegessen habe.
Die Kartons dampften regelrecht. Zudem standen Getränke auf den Tischen, Bier, Säfte, u.a., zum Glück gab es in China noch keine Coca-Cola!

Als ich meinen Karton öffnete, strömte mir ein heißer, dampfender Kiefernnadeln-Geruch in die Nase.

Ein Geruch, wie ich ihn noch nie verspürt und gerochen hatte. Auf einem Bett von sehr heißen Kiefernzweigen lagen eingebettet ein Art "Pelmeni", genauer gesagt Teigtaschen von ca. 10 cm Größe, wahrscheinlich mit Reismehl hergestellt.
Die Taschen, unterschiedlich in Farbe und Inhalt, enthielten püriertes Gemüse, fein gehacktes Fleisch, alles gut gewürzt und äußerst schmackhaft.
Eine einmalige Delikatesse die auch nur in bestimmten Regionen angeboten wird.

Zufrieden und gesättigt genossen unsere Kollegen nicht nur das Essen, sondern das Panorama insgesamt. Sie fotografierten alles im Detail. Jeder wollte zu Hause von solchen Erlebnissen nicht nur berichten, sondern das auch bildhaft beweisen!

Dass hierzu die Geschichte – auf die die Chinesen wirklich stolz sind - von Tschiang Kai shek, seiner Gefangenschaft, die Möglichkeit sich trotzdem frei zu bewegen, fast untergegangen war, kann man verstehen.
Der Gesamteindruck den jeder erhielt war nicht nur umwerfend, sondern auch durch alles Historische bedeutend!

Zurück in Nanking standen uns als letzte Sehenswürdigkeiten Besuche in dem National- und Kunstmuseum bevor.


Nationalmuseum

Ich denke, dass unser Aufenthalt dazu diente uns nicht nur das zeitnahe Leben nahe zu bringen und zu zeigen, sondern das politische China, mit den Wirren der frühen kommunistischen Parteientwicklung, die von schweren Kämpfen und mit heftigen ideologischen Richtungen belastet war.
Vor allem aber das geschichtlich, historische China, das von den Kaiser-Dynastien in Jahrtausenden von Jahren, Kultur, Wissenschaft, Lebensweisen und Sitten beeinflusste und eine abgeschlossene - besser verschlossene - eingemauerte Menschheit beherrschte.
Dazu war der Zwischenaufenthalt in Nanking, das für die Chinesen die eigentliche Hauptstadt – aus historischen Gründen – ist, bestens geeignet.

Im Nationalmuseum befanden sich Objekte, die es auf der ganzen Welt nur einmal gibt. Objekte die nicht nur originelle, sondern wissenschaftliche Sensationen darstellen und die von großem Forscherdrang zeugen.

Jeder spürt welche hohe, qualitative Zivilisation China, welche ausgeklügelte Technik, welchen Erfindergeist die Menschen weit vor dem Jahre Null, also vor Christi, besaßen und die Gesellschaft prägte.

Der nachstehende Seismograph soll der erste in der Weltgeschichte überhaupt sein!



Seismograph

Zunächst muss man annehmen, dass unter dem Seismograph in der Erde ein Pendel welches auf feinste Erdbewegungen reagiert angebracht ist, um den Effekt mit der herausfallenden Kugel zu ermöglichen.

Die acht Drachen, angeordnet nach den acht Windrichtungen
(Süd, SüdWest, West, NordWest, Nord, NordOst, Ost, SüdOst)
sind an dem Kessel angeschweißt oder anmontiert.
Die Drachen tragen eine Metallkugel im Maul.
Wenn irgendwo in der Welt ein Erdbeben stattfindet, dann fällt eine Kugel aus dem Drachenmaul in das Maul einer der darunter stehenden Frösche.
Ein "Klingeln" ertönt und der Wissenschaftler weiß: Achtung! Da findet irgendwo in der Welt ein Erdbeben statt!

Wo genau, das verrät danach der Mann in dem Wägelchen mit dem ausgestreckten Arm. Der Arm zeigt präzis in die Welt- oder Windrichtung in der das Beben stattfindet. Sieht man solche Geräte die vor Tausenden von Jahren entstanden sind, dann weiß man, was die früheste Menschheitsgeschichte bedeutet, was sie ausmacht, was sie geschafft hat und was die Menschen schon wussten und vollbrachten.



Richtungsweiser

Eine unglaubliche Präzision und technische Vollkommenheit!

Nur zwei Beispiele aus dem Nationalmuseum sind hier angeführt. Was es noch zu sehen gab, kann man bei der Fülle nicht beschreiben und aufzählen.


Kunstmuseum für Malerei

Eine weitere Überraschung erlebte ich in dem Kunstmuseum. Moderne Malerei!?!
An alles hätte ich gedacht nur nicht, dass es in China moderne Malerei gibt.

Wir hatten uns bereits an die chinesische, klassische Malerei gewöhnt. Ich hatte sie mir von Djin auch erklären lassen. Das Bild soll ein kleines Beispiel geben wie die klassische Art Malerei - von alters her gang und gäbe - zu sehen und zu verstehen ist.



Klassische Landschaftsmalerei

Die klassischen Maler verbinden ihre Malerei immer mit einer Gedichtzeile, die irgendwo am Rand geschrieben steht. Aus dem Inhalt heraus gestalten und malen sie dann ihre Bilder. Heute sieht man solche klassischen Bilder in allen chinesischen Restaurants, ob die Gäste das wissen und deuten können, bezweifle ich!

Am Anfang war ich davon ausgegangen, dass diese Schriftzeichen eine Markierung des Staates sind, sozusagen, dass nur der Staat darüber verfügt.
Fehl gedeutet!
So irrt man sich, wenn man eine Kultur nicht kennt und glaubt, Staatsräson sei gleich Kunsträson! Die DDR lässt grüßen!

Nun aber zur Sache: In moderner Malerei kannte ich mich als Dresdner sehr gut aus. Sempergalerie, Zwinger, Kunstausstellungen, selbst zu DDR-Zeiten, waren für Schüler und Studenten Pflichtbesuche und moderne Kunst geläufig.
Für mich grundsätzlich, weil als Dirigent Literatur, Malerei, bildende Kunst Bestandteile sind die man kennen muss, um den Beruf überhaupt ausüben zu können.
Hinzu kommt, dass ich für die "Moderne" ein besonderes Faible besitze.
Der Dresdner Glöckner war mir ein Begriff! Bauhaus!
Die französischen modernen Maler und vieles mehr.

Was ich aber in diesem Museum sah, hätte ich nie erwartet.

Ölbilder, Grafiken, Collagen in allen möglichen modernen Formen und Ausdrucksweisen. Ich war derart überrascht, dass es so eine Kunstentwicklung im kommunistischen China gibt, das auch erst seit 1949 existiert und das es möglich war, dass sich moderne Kunst entfalten konnte.
Vor allem, dass der kommunistische Staat diese Kunstrichtungen zulässt und gewährt!

Glücklich über das Gesehene schilderte ich Djin meinen Eindruck und er spürte, dass ich nach den wenigen Wochen einer gemeinsam erlebten Konzertreise mit der "Seele" der Chinesen vertraut geworden war. I
Ihn erfüllte das ebenso mit Genugtuung!


Basar von Nanking

In Nanking fand ich das erste Mal mehr Zeit privat etwas zu unternehmen. Das war mir bisher nur in Xian gelungen wo ich heimlich aus dem Hotel entwischte. Ansonsten reichte die Zeit nicht vor lauter Besuchen von Sehenswürdigkeiten und historischen Stätten.

Basare sind vom Vorderen Orient bis nach Ostasien immer etwas Besonderes.
Mit Djin spazierte ich eines Morgens in den Basar. Was es in China diesbezüglich zu sehen gibt und was da angeboten wird, übersteigt alles was unseren Vorstellungen entspricht. Mit meinem Taschengeld war ich bisher sehr sparsam umgegangen so dass ich in aller Ruhe mich an den Ständen umschauen konnte.
An einem Stand sah ich, von der Natur geformt, wundervolle Gesteine. Teilweise zu Schmuckstücken verarbeitet, aber auch naturell, so wie sie über Jahrtausende entstanden sind. Eine fast unübersehbare Fülle.
Mir fielen sechs kleine Schälchen auf die besonders gemasert und geformt waren. Sie betrachtend sagte Djin zu mir, mit Hilfe des Händlers, dass dies Halbedelsteine seien und nur in Nanking gäbe. Es handelte sich um Achate!



Nanking – Achate

In einer bestimmten Berggegend bei Nanking findet man diese Gesteine!
(Ähnlich wie bei uns im Thüringer Wald nur an bestimmten Stellen z. B. die "Schneekopfkugeln" zu finden sind.)
Die Achate sind von Natur aus von der Farbe gegeben, ebenso die Maserung. Solche Schälchen dienen zum servieren von Gewürzen. Bei einem Festessen füllt man sie mit den verschiedensten Gewürzen und je nach Geschmack nimmt der Gast mit den Essstäbchen, ein Stück Fleisch und tunkt es leicht in eine der Gewürzschalen.

Bei dieser Gelegenheit sprachen wir u.a. auch über "Curry". Von Indien herkommend hatte sich dieses Gewürz in China ebenso stark verbreitet und gehörte als Gewürz zum alltäglichen Leben. Es kann aus zwanzig verschiedenen Gewürzsorten hergestellt und gemischt werden.
Dazu erfuhr ich, dass die Mischung die Hausfrauen selber mixen, je nach der Geschmacksrichtung ihres Mannes. Der eine mag es mehr süßlich, der andere mittelscharf und andere sehr scharf.
Das bedeutet, dass die Hausfrau sich nach dem Mann richtet, das bedeutet vor allem aber, dass Curry durch die unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen jeweils einen anderen besonderen Geschmack erhält.
Also Curry ist nicht gleich Curry!

Unser Aufenthalt ging zu Ende und am 3. November fuhren wir mit unserem Zug nach Shanghai.

Nanking war ein außerordentliches,
in der romanischen Sprache sagt man extraordinäres Erlebnis.
Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass wir etwas Einmaliges und sich nicht Wiederholendes erlebten.